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Das Bild des Autoren im Web2.0 – Sind Blogger Künstler?

Blog-AutoOhr

Blog-Auto-Ohren

Seit einem Jahr blogge ich regelmäßig. Und erreiche auch eine nicht unerhebliche Zahl an Lesern. Ok, ich bin kein alpha-Blogger, aber dennoch würde ich sagen: ich bin ein Autor. Hier wird nicht abgeschrieben oder wiedergekäut. Ich „erschaffe“ quasi neue Dinge. Viele Blogger machen das. Aber warum eigentlich? Welches Selbstverständnis steckt dahinter? Ist es normal, Tag für Tag zu arbeiten und einfach neue Texte (und Bilder) in die Welt zu blasen? Kostenlos? Ohne Profit? – Nun werden viele sagen: natürlich nicht.

Man muss es einfach versilbern. Ok. Ich habe hier im Blog nun auch ein paar Werbebanner geschaltet. Aber eines scheint mir sicher: In den nächsten fünfzig Jahren werde ich dadurch nicht annähernd soviel einnehmen, dass das zu einem halbwegs vernünftigen Stundenlohn führt. Also, was soll das? Wenn es nur ums Geld ginge, dann ist bloggen das Blödeste, was man machen kann…

Künstler

Künstler

Aufgrund widriger Umstände bin ich nicht nur Autor, sondern auch Künstler. Also: bildender Künstler, mein ich damit. Und als solcher denkt man über diese Fragen anders nach. Da spielen finanzielle Argumente natürlich auch eine Rolle, aber in erster Linie, um weiter möglichst unabhängig die eigene Kunst vorantreiben zu können. Es ist für viele Künstler durchaus erstrebenswert, den eigenen Namen zur Marke zu machen und dauerhaft zu etablieren. In Künstlerkreisen beschreibt man dieses Ansinnen anders: sich einen dauerhaften Platz in der Kunstgeschichte zu schaffen. Diesen Traum leben viele. Und wenn man das nun verächtlich belächelt, sollte man nicht vergessen: dieser Nährboden ist mächtig. Auf ihm wächst und gedeiht vieles – Unglaubliches, Ungeahntes, Kreatives. Das Streben nach „Unsterblichkeit“ vor der Geschichte ist ein weit stärkerer Kretativ-Motor als Geld es je sein könnte.

Blogger und oder oder Künstler?

Lesen - Denken - Bloggen

Lesen - Denken - Bloggen

Durch die Entwicklung des Web2.0 verschwimmen die Grenzen dieses Künstlerbildes. Und andere kreative Menschen erscheinen auf der Bildfläche, die zunächst mal nichts mit kunstbegrifflicher Motivation zu tun zu haben scheinen: kreative Blogger. Und so wie nicht jeder Picasso oder van Gogh sein kann, ist eben auch nicht jeder Goethe oder Thomas Mann. Aber die Geschichte zeigt: auch die zahlreichen zweite-und-dritte-Reihe-Künstler haben viel vorangebracht. Ohne sie wären die „Großen“ nicht denkbar. Kultur war schon immer ein waberndes Netzwerk – vergleichbar einem Meer aus Plastikbällen, in dem es um einige herum so eng wird, dass sie nach oben gedrückt werden.

SEO Bild

SEO Bild

Immer mehr Kreative nutzen das Netz. Denn es macht vieles einfacher und schneller. Während man früher auf blutigen Knien Klinken putzen musste, um einen Verleger (oder Galeristen) zu finden, wartet das begierige Publikum heute schon auf der Fußmatte. Zumindest theoretisch. Klar, man muss erst einmal die richtigen Wege finden. Nicht ohne Grund sind die meisten Top-Blogger und Autoren relativ fit in Sachen Suchmaschinenoptimierung (SEO) und Social-Media-Optimization (SMO). Denn die Startphase ist ohne diesen medienspezifischen Anschub kaum mehr denkbar. Die Anforderungen an Autoren und Künstler ändern sich – in zwar in nicht unerheblichem Maße. Was wir heute als „Kulturschaffende der ersten Generation“ noch autodidaktisch erlernen müssen, werden zukünftige Kreative als Handwerk erlernen. – Aber klar ist: immer mehr Künstler nutzen das Web2.0, um sich zu vernetzen und ihre Arbeit im Netz voranzutreiben.

Publikum und Geld – Leben und Ruhm

Wie gesagt, aus meiner Sicht hat ein Kulturschaffender  zwei Ziele:

  • Geld verdienen zum Leben
  • Publikum finden zum Ruhm
Erfolgreich nichts verdienen!

Erfolgreich nichts verdienen!

Wobei der erste Punkt nur die nötige Voraussetzung für den zweiten schafft, der der eigentliche Motor ist. Wie heißt es so schön in Künstlerkreisen: „Geld verdiene ich nur, weil ich es muss.“

Nachdem diese Gedanke ja einigermaßen geradeaus gingen, kommt nun eine Kurve, die für einige vielleicht zu steil ist: Nach meiner Einschätzung ist für viele Blogger der „Ruhm“ der ausschlaggebende innere Antrieb. In Zeiten, in denen Geld der letzte nicht verhöhnbare Wert zu sein scheint, mag das vermutlich kaum jemand zugeben. Und schon gar niemand, der nicht als „verrückter Künstler“ belächelt werden möchte. Aber ich glaube doch, dass viele Blogger in das klassische Künstlerbild hineinpassen.

Meine Oma bloggt nicht!

aus den Ohren quellen

aus den Ohren quellen

Das Thema des dieswöchigen Webmaster-Friday lautet: „Stell dir vor, Robert Basic wäre tot …„. Ich kann gar nicht glauben, dass sich einige Leute darüber aufregen. Was ist denn so schlimm daran, sich das vorzustellen? Es hätte auch jeder andere Name sein können. Vielleicht haben sich die Gedanken dieses Artikel schon zu sehr in meinem Hirn verhärtet, so dass ich das falsch einschätze. Ich hoffe nicht. Der Grund, warum ich Robert und nicht meine Oma als Projektionsfigur benutzt habe, ist einfach: meine Oma bloggt nicht.

Robert ist – wie viele andere, und vor allem alpha-Blogger – ein Selbstdarsteller. Er verhält sich bei seiner ganze Buzz-Gier genau wie ein klassischer Künstler, zum Beispiel Georg Baselitz (bei dem ich studiert habe). Der Baselitz sagt 1990 in einem Interview der Zeitschrift Art: „Alle DDR-Maler sind Arschlöcher!“ (siehe hier, Original-Quelle nicht online) – Ich kann Euch sagen, das hat damals aber gesessen. „Buzz“ (Zitat R.B.) pur. –

Blog tot

Blog tot

Andere alpha-Beispiele: Während Sascha Lobo, quasi einem Kettensägenmassaker entsprungen, mit brachialem Proletarier-Stolz durch die Fernsehwelt rast, verhalten sich andere, wie zum Beispiel Stefan Niggemeier, dezenter und reduzierter – vergleichbar mit einem Gerhard Richter (bildernder Künstler). Die oben begonnen Geschichte mit dem DDR-Maler-Zitat geht übrigens noch weiter: In der folgende Ausgabe der Zeitschrift Art, in der es einen gigantischen Zustrom von Leserreaktionen gab, hat Gerhard Richter geschrieben: „Ich hätte es nicht besser, bestenfalls höflicher formulieren können.“ (Übrigens sind beide Maler aus der DDR geflohen, aber das ist eine andere Geschichte…). Hier geht es um Künstler und Blogger – und Blogger als Künstler.

Der Blog als Produkt

Was bei Robert besonders auffällt: er behandelt seine Projekte wie Produkte. Und zwar wie künstlerische Produkte. So als wenn ein Künstler ein Werk erstellt, in das er sein ganzes Herzblut reinhängt, das Werk dann überschwänglich zur Schau stellt – und dann verkauft. Wer einem Künstler dann Geldgier vorwirft, hat das Wesen eines Kulturschaffenden – wie oben beschrieben – nicht verstanden. Das Werk muss einfach raus, um überdauern zu können. Solange der Künstler es behält, ist es nicht fertig.

Microblogging

Microblogging

Den Verkauf von Basic-Thinking und den angestrebten Verkauf seines Twitter-Accounts habe ich zunächst auch kritisiert. Weil mir die Argumentation nicht einleuchtete: Wenn ein Konzern seine Social-Media-Plattform in Gänze vertickt, ist dass aus meiner Sicht etwas anderes, als wenn man einen Account, der individuell betrieben wird, verkauft. Ich habe meine Meinung geändert. Denn die Kritik ist aus meiner Sicht nur angebracht, wenn man es rein als materielle Gewinnerzielungsabsicht betrachtet. Was ich inzwischen nicht mehr mache…

Der Blog als Werk

Während ich in den letzten Tagen über den Antrieb zum Bloggen und die Parallelen zur künstlerischen Produktion nachgedacht habe, ist mir bewusst geworden, dass ein Blog oder ein Twitter-Account mit einem künstlerischen Werk vergleichbar sind. Ein Werk, an dem man mehr oder weniger lange mit voller Energie und Leidenschaft arbeitet. Aber ein Künstler entwickelt sich wie jeder Mensch weiter und hat andere Idee und Projekte, die sich oft von den vorherigen unterscheiden. Und unter diesem Gesichtspunkt finde ich es logisch und folgerichtig, es zu verkaufen. Einfach um Platz zu schaffen für Neues.

Gepflegter Trash

Gepflegter Total-Trash

Noch ein kurzes Wort zum Preis. Der Hype und das Bemühen, den Preis durch „Buzz“ in die Höhe zu treiben, wirkt vordergründig wie dieseitige Gier. Aber es ist logisch und konsequent: Je höher der Preis, um so größer das Bestreben des Käufers, das Projekt erfolgreich weiter zu führen. Hätte Robert es verschenkt, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass Basic-Thinking eingeht, viel höher gewesen.

Wenn Robert tot wäre …

Kurzum: Wenn Robert Basic tot wäre, dann würde er quasi im Basic-Thinking Blog weiterleben. So wie auch ein Künstler in seinen Werken weiterlebt. Denn der Blog  entwickelt sich prima. Robert hat keine Arbeit mehr damit und kann sich neuen Werken widmen, aber basic-thinking ist unsterblich mit seinem Namen verbunden. Ob das mit einem Twitter-Account auch funktioniert, wird sich zeigen… (siehe hierzu: „Schwarmintelligenz„).

Ich sage nicht, dass alle Blogger Künstler sind – aber ich glaube, dass es viele Blogger gibt, die einem ähnlichen Antrieb folgen wie Künstler. Btw: Blogger sind dadurch natürlich nicht besser oder schlechter, aber vielleicht etwas durchschaubarer…

Wer mag, kann ja mal darüber nachdenken, was ein Käufer bezahlen müsste, um einen ganzen Blog zu löschen… Oder: alles nur an den Haaren herbeigezogen?

An den Haaren herbeigezogen

An den Haaren herbeigezogen

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Kategorie: Bloggen
| 12 Kommentare

12 Kommentare bisher

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  1. 8. Januar 2010 um 17:29 Uhr

    Naadi sagt,

    Interessanter Ansatz. Ich muss ehrlich sagen das ich bisher nicht darüber nachgedacht habe was mein wirklicher Antrieb zum bloggen ist. Man hat eben irgendwann aus Neugier begonnen und das Ganze hat sich eigentlich ganz nett entwickelt.

    Auf die Frage was man für eine komplette Löschung bezahlen müsste wüßte ich keine Antwort. Aber es wäre sicher eine völlig irrsinnige Summe, wenn man den wirtschaftlichen Wert als Grundlage der Bewertung annehmen würde. Denn so einfach will man das geschaffene doch nicht vernichtet sehen.

  2. 8. Januar 2010 um 18:06 Uhr

    Putzlowitsch sagt,

    Interessante Betrachtungen, kann ich im wesentlichen Zustimmen.

    Wobei ich immer noch ein wenig über den Kunstbegriff grüble. Was ist Kunst und demzufolge wer ein Künstler? Gibt zwar schöne Begriffsdefinitionen in Lexika, aber das ist mir meist zu abstrakt, zu wenig faßbar. Aber vielleicht ist ja gerade das Kunst 🙂

    Im übrigen paßt der Schwerpunkt „Kunst“ der Dezemberausgabe vom Wirtschaftsmagazin „brand eins“ hier sehr gut zum Thema. „Was die Wirtschaft von der Kunst lernen kann. Und umgekehrt.“. Habe mir gleich vier gedrucke Exemplare (je ein Heft pro Farbkombination), nun ja, zugelegt. Man beachte auch die Banane auf der Titelseite 🙂

  3. 8. Januar 2010 um 19:22 Uhr

    tagSeoBlog sagt,

    @Ingo: Neiiin, cool. Hoffentlich bist Du korrekt entlohnt worden, ich ahne schon, dass Du die Banane verschenkt hast.

    Zu „Was ist Kunst“: http://www.kuenstlerbedarf-blog.de/was-ist-kunst-google-meint-kunst-ist-super

  4. 8. Januar 2010 um 22:43 Uhr

    Putzlowitsch sagt,

    Wieso wußtest Du gestern schon, daß ich heute nach „Was ist Kunst“ fragen würde? *staun*

    Ja, Du ahnst es richtig, ich habe für das Foto, wie auch schon im Februar für den Apfel, nur ein Belegexemplar der Zeitschrift verlangt. Aber hej, da kann man wirklich viele interessante Artikel drin lesen, das ist für mich Lohn genug. Ich bin halt kein Künstler, der davon leben muß. Ich will nur den „Ruhm“. 🙂

  5. 10. Januar 2010 um 21:44 Uhr

    Robert sagt,

    wirklich interessanter Gedanke, das aus dieser Perspektive zu betrachten. Vorab am Rande: Nö, sehe keinen Grund, mich über den Ausgangsgedanken zu mockieren, stellt er er doch lediglich eine gedankliche Einleitung zur zentralen Überlegung dar.

    Sind Blogger Künstler? Für mich definiere ich es aus dem Gedanken des bewussten Handelns. Da ich nicht bewusst künstlerisch tätig bin, kann ich es schlecht als Kunst darstellen. Die Analogien aber, die Du oben zeichnest, sind überlegenswert.

    Und gehen vaD in die Richtung, was von einem digital bleiben wird.

  6. 10. Januar 2010 um 23:09 Uhr

    tagSeoBlog sagt,

    @Ingo: Du bist total verrückt. Du bist son krasser Künstler, dass Du es gar nicht merkst 😉

    @Robert: Danke fürs feedback. Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Ansatz überhaupt zu irgendwas führt.
    Im Grunde geht nicht um die Frage, ob Du jetzt Künstler bist oder nicht. Das ist bei Bloggern genauso unerheblich wie bei Künstlern.
    Mich interessiert die Haltung und der Antrieb zum „schöpferischen“ Bloggen, und die Frage, inwiefern sich die Entwicklung von Kultur ins digitale verlagert und was davon übrig bleibt…
    Naja, ist schon spät und man wird ja sowieso sehen.

  7. […] sich über das eigene Handeln, besonders in Twitter, im klaren zu werden. Martin schreibt in seinem Beitrag, das ein Blog bzw. Blogger auch auf gewisse Weise ein Künstler ist. Sein Artikel halte ich für […]

  8. […] Grunde finde ich hat Martin das Thema in seinem passenden Artikel dazu (“Das Bild des Autoren im Web2.0 – Sind Blogger Künstler?“) schön beleuchtet. Allerdings ist Robert – einer der wenigen Blogger, über den alle […]

  9. 11. Januar 2010 um 16:04 Uhr

    Robert sagt,

    wenn „Kunst“ stets das widerspiegelt, was Gesellschaft ist und tut und treibt, ist die Antwort eigentlich klar: „Kulturentwicklung“ wird immer stärker davon -vom Digitalen- getrieben sein.

  10. 11. Januar 2010 um 17:00 Uhr

    tagSeoBlog sagt,

    @Robert: „Was die Gesellschaft ist und tut und treibt“ ist irgendwie so diffus universell, dass es (mich) gedanklich nicht weiterbringt.
    Mir ist durch Deinen Kommentar folgendes klar geworden: Wenn ich über Kunst und Kultur spreche, impliziere ich immer „gute“ Kunst und Kultur, und das ist wiederum das Gegenteil von mainstream. Unter „Kultur“ verstehe ich eher „Subkultur“ – also den Teil, der vorhandene Krusten als Nährboden für kritische, komische und subversive Produktion nutzt. Vor diesem Hintergrund sehe ich Blogs als „sprießende“ Medien, die die neuen technische Möglichkeiten als Medium nutzen. So wie Künstler eben immer neue technische Möglichkeiten genutzt haben.
    Nur dass die aktuelle technische „Revolution“ irgendwie ohne Künstler vonstatten zu gehen scheint. Irgendwie haben andere die klassische Künstlerrolle übernommen. Blogger?

  11. 20. Januar 2010 um 14:41 Uhr

    Putzlowitscher Zeitung sagt,

    Ein Bild ist ein Bild ist ein Bild…

    Vorgestern las ich im Montagsmagazin meiner lokalen Tageszeitung folgendes Zitat des Malers Georg Baselitz: “Ein Bild kann nicht schrecklich oder heiter sein. Es kann rot sein oder schwarz.” Welch wahren Worte, denn ein Bild, Foto oder auch…

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