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Springer mahnt Bildblog ab – Keine Macht dem Abmahnwahn!

Bild: tausend Worte

Bild: tausend Worte

Und wieder erschüttert ein Abmahnfall das Land. Aber irgendwie ist diesmal vieles anders. Normal geht das so: Großer Konzern mahnt kleinen Blog ab. Grund: kleiner Blog hat sich aufgrund überbrodelnder Emotion zu einer unbedachten Verunglimpfung hinreißen lassen. In aller Regel wird die Abmahnung von einer völlig mediaphoben Rechtsabteilung forciert, die keine Ahnung von der potentiellen Heftigkeit des Mahn-Rückschlags hat.

Der negative Image-Effekt einer kleinkarierten Abmahnung ist um ein Vielfaches höher als der materielle oder prinzipielle Gewinn, der sich für den Konzern daraus ergibt. Vor diesem Hintergrund kann man sich beim aktuellen Fall nun fragen, ob der Springer-Konzern eigentlich unvernünftig oder irre abgezockt ist…

Chuck Norris Speedpainting (Angela Merkel am Ende)

Chuck Norris Speedpainting (Angela Merkel am Ende)

Beim aktuellen Abmahnfall pinkelt der Abmahner (Springer) nicht auf eine Ameise, sondern auf einen Fuchs. Der Bildblog ist einer der top-Blogs der deutschen Blogosphäre, Top-Autor Stefan Niggemeier ist einer der sagenumwobenen „Alpha-Blogger“. Der Blog widmet sich – wie so viele und zurecht – der kritischen Beobachtung und Aufarbeitung des deutschen Medientums, vorrangig dem analogen Blätterwald und hier natürlich im Speziellen der Bildzeitung. Von solchen Blogs kann es gar nicht genug geben: sie sind aus meiner Sicht eine wesentliche Säule unserer Demokratie: die Überwachung der Medien selber wird zunehmend wichtiger. Unabhängige und kritische Berichterstattung verlagert sich schon seit einiger Zeit zunehmend ins Netz. Auch das ist eine Ursache für die Krise des gedruckten Journalismus.

Wer profitiert von Abmahnungen?

Abmahnung

Abmahnung

Wenn man sich die Abmahn-Fälle der jüngeren Vergangenheit anschaut, stellt man fest, dass die Abmahner am Ende immer den Kürzeren gezogen habe. Die virale Macht der vereinten Blogosphäre zwingt auch größte Player in die Knie. Im schlechtesten Fall verlieren beide: der Blogger Kohle und der Konzern sein Gesicht. Meist ist es aber nur der Konzern, der blutet. Man kann durch eine Abmahnung einfach nichts gewinnen – es sei denn, man ist Anwalt.

Doch nun kommt der Springer-Konzern. Der betreibt mit seinem Schlachtschiff „Bild.de“ mittlerweile die meistbesuchte deutsche Seite, und hat sich in einem breit angelegten Netzwerk hervorragend im Netz eingenistet. Man sollte also davon ausgehen: die Freaks vom Springer-Club wissen, worauf sie sich einlassen. Also: warum schicken die dem Bildblog eine Abmahnung?

Schlipsträger-Trinktipps mit Schleichwerbung

Worum geht es? Das Besserverdiener-Portal „Welt-online“ platziert auf seiner Site einen Beitrag über angesagte Schlipsträger-Trinktipps. Im Artikel befinden sich Hinweise, die der deutsche Presserat als „Schleichwerbung“ rügt. So weit so schlecht. Nun bemängelte der Bildblog, dass die entsprechende Rüge nicht, wie erforderlich, in dem Artikel platziert worden sei – bzw. nicht zeitnah. Das Dumme nur: der Hinweis war zum Zeitpunkt der Bildblog-Kritik schon online. Stefan Niggemeier bzw. der Bildblog hat den Fehler einige Stunden später erkannt und in seinem Artikel geändert.Bevor die Abmahnung zugestellt wurde.

Einfach reich und schön sein

Einfach reich und schön sein

Das Problem: die Rechtsmaschine von Springer war schon angekurbelt. Und wer Anwälte kennt, weiß, dass sie mit Zeit spielen wie andere mit der Wii. Je nach Ermessen kann man innerhalb von Minuten handeln, oder aber eben erst mal Mittagspause mit anschließendem Feierabend haben. Kurz: die Anwälte haben den Finger gerührt und wollen ihre Kohle dafür. Trotz eigenständiger Entfernung der fragwürdigen Passagen ist die Abmahnung also rausgegangen. Und Stefan Niggemeier stellt sich nun zurecht die Frage: was soll das?

Kritiker per Abmahnung einschüchtern?

Ich hoffe, dass ich den sachlichen Vorgang korrekt wiedergegeben habe. Hier gehts zum Artikel im Bildblog: „Axel Springer mahnt BILDblog ab„. So, was soll das? Niggemeier schreibt am Ende des Artikels:

[…] Wir sehen in dem Vorgehen der „Welt“ kein (selbstverständlich legitimes) Bemühen, eine korrekte Darstellung der Fakten zu erreichen, sondern nur den Versuch, einem lästigen Kritiker das Leben schwer zu machen. […]

Bild im Bild

Bild im Bild

Ich teile diese Einschätzung. Das verblüffende daran: Warum setzt sich Springer der zu erwartenden Abmahndresche aus? Die sollten doch wenigsten etwas clever sein. Ich vermute, Springer spekuliert darauf, dass ein Top-Blogger nicht so viel Solidarität erfahren wird wie irgendein kleiner Hinterwäldler-Blogger. Und zum anderen fürchtet Springer sowieso keinen Imageverlust: in der besagten Blogosphäre, die den kritischen, unreißerischen Journalismus hochhält, hat Springer sowieso null standing. Wo nix ist, kann man auch nix verlieren. Oder?

Erfolgreich nix verdienen

Erfolgreich nix verdienen

Zumindest beim ersten Punkt kann ich nur sagen: Abmahnungen jeder Art wiedersprechen meinem Verständnis von Internet. Sollen die Springreiter doch eine kurze Email schreiben. Oder in einem Artikel den Bildblog kritisieren. Oder sich sonstwie direkt duellieren. Kommunikation via Anwalt ist im Internet ein Tabu, das es nach meinem Verständnis zu bekämpfen gilt. In diesem Sinne unterstütze ich den Bildblog. Keine Macht dem Abmahnwahn! Alle: Macht sie platt!

[…] Wir würden uns deshalb freuen, wenn Sie uns mit einer Spende unterstützen könnten.

Quelle: Bildblog

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Bild: Mehr als tausend Worte

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Kategorie: Bloggen
| 15 Kommentare

15 Kommentare bisher

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  1. 20. April 2010 um 19:53 Uhr

    elcario sagt,

    Hey Martin,

    ich tippe einfach darauf, dass Springer den zu erwartenden Imageschaden einkalkuliert. Ich würde behaupten, dass die potentiellen Kunden von Bild/Welt keine Blogleser sind und davon wohl nicht einmal etwas mitbekommen werden.
    Somit verärgert Springer nur die ohnehin schon verärgerten. Ganz nach dem Motto: „Ist der Ruf erst ruiniert…“

  2. 20. April 2010 um 20:13 Uhr

    Thomas sagt,

    Passt ja gut, hab heute auch ne Abmahnung bekommen. Ein Architekt wurde auf einer meiner Seiten nicht als Miturheber eines Gebäudes genannt, während andere Architekten genannt wurden. Einfach lästig, diese Abmahnerei. Wenn es um Abstellung einer falschen Darstellung ginge, könnte man sich einfach auf normalem Wege melden.

  3. 20. April 2010 um 20:19 Uhr

    Chris sagt,

    Gut, dass es noch Personen gibt, die sich gegen diesen Wahn einsetzen, super geschrieben!!

  4. 20. April 2010 um 20:24 Uhr

    tagSeoBlog sagt,

    @Thomas: das ist so unverschämt. Da ist im Grunde endlich der Gesetzgeber gefordert: keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt. Es wäre so einfach und die Welt würde besser.

  5. 20. April 2010 um 21:08 Uhr

    Mark Fischbach sagt,

    Ich halte grundsätzlich nichts von diesen vorschnellen Abmahnungen, die nur die Anwälte reich machen. Aber Niggemeier ist nicht das arme kleine Würstchen, das vom großen und bösen Axelotl Springer Verlag zu Roadkill gemacht werden soll. Dank seiner Vernetzung zur FAZ, aber auch zur ARD, hat er mehr Möglichkeiten der Gegenwehr als irgend ein kleiner Blogger.

  6. 20. April 2010 um 21:14 Uhr

    David sagt,

    Ich finde Abmahnung auch sehr überflüssig und blödsinnig…

    bildblog findet Abmahnungen offensichtlich aber dann OK, wenn sie GEGEN springer oder springer-mitarbeiter gehen, siehe hier:
    http://www.bildblog.de/13213/taz-mahnt-diekmann-wegen-penissache-ab/

    (jedenfalls wird nicht der Eindruck erweckt, dass man in diesem Fall der Abmahnung negativ gegenübersteht, obwohl der Anlass noch alberner ist, als der aktuelle Fall).

    Ich zitiere die erste Zeile: Das mit dem Recht ist eine seltsame Sache: Es gilt für alle.

    Wenn man diese Bemerkung liest, dann könnte man auch sagen: BildBlog HAT etwas falsches geschrieben, Axel Springer hat das Recht auf Abmahnung wahrgenommen. BildBlog hat den Fehler korrigiert.
    Was jetzt?

  7. 20. April 2010 um 22:10 Uhr

    webSimon sagt,

    Ich sehe auch den Unterschied zu einem Wald-und-Wiesen-Blog darin, dass der Bildblog nicht nur selbst einiges an medialem Einfluss hat, sondern auch konsequent und andauernd kritisiert. Da sollten die Abmahnungen einkalkuliert sein.

    Das System wir kontrollieren die Medien, ihr tragt unsere Abmahnungen durch Spenden mit, finde ich aber eigentlich ganz nett 😉

  8. 21. April 2010 um 00:33 Uhr

    Sebastian sagt,

    Auf Bildblog haben die dazu jetz was gepostet.
    Ich zitiere ein teil: “Dennoch sind uns durch die völlig unnötige juristische Auseinandersetzung bisher schon Kosten für unseren Anwalt in Höhe von über 2000 Euro entstanden.”

    Wäre vielleicht wichtig zu erwähnen, dass die Spenden erwünscht sind um die eigenen Anwaltskosten zu bezahlen und nicht die Forderung der Bild. 😉

  9. 21. April 2010 um 09:29 Uhr

    tagSeoBlog sagt,

    @David: das stimmt natürlich. Gleiches Recht für alle. Vielleicht liest sich der Bildblog-Artikel deshalb so verhalten, weil nicht Abmahnungen im Prinzip, sondern nur diesen einen Fall kritisiert werden.
    Gleichwohl stehe ich auf dem Standpunkt, dass Abmahnungen im Prinzip Mist sind – zumindest ohne vorherigen Kontakt.

    @Sebastian: naja, ich vermute mal, dass zuviel Geld durch Spenden, dass nicht in den konkreten Fall fließen braucht, nicht zurückgezahlt wird. Es wird dann sicherlich für die weitere journalistische Arbeit benutzt (was ich auch sehr gut und richtig finde). Aber erst mal hast Du recht: es geht darum, die Kosten zum Selbstschutz durch Spenden zu unterstützen.

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  11. […] Springer mahnt Bildblog ab – Keine Macht dem Abmahnwahn! Also da traut sich Springer weit raus, aber vielleicht brauchen die gerade schlechte […]

  12. 21. April 2010 um 22:37 Uhr

    Jana sagt,

    Die Frage sit wie lange es noch dauert bis die Anwalt-Abmahn-Kultur solche perversen Züge wie in den USA annimmt. Aber machen kann man dagegen nichts, meiner Ansicht nach.

  13. 22. April 2010 um 14:36 Uhr

    Lu sagt,

    Das Wort Abmahnung kann ich so langsam nicht mehr hören. Wann hört das endlich auf?

  14. 22. April 2010 um 22:21 Uhr

    Jan sagt,

    Hallo Martin,

    das scheint hier im Blog die Woche von DSDS und Bild zu sein ;-). Beim Thema Abmahnwahn kann ich nur zustimmen.

    Gruß, Jan

  15. […] TagSeoBlog: Springer mahnt Bildblog ab – Keine Macht dem Abmahnwahn! Abgelegt in: Internet Tags: Abmahnrepublik, Axel Springer, Bildblog, […]

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